Hollywoodreifes Drama mit Happy End
Erfolgreiches Wochenende für die Thulbaer Bogenschützen bei der bayerischen Meisterschaft
Wenn Steven Spielberg nicht an der 2022 erscheinenden „Herr der Ringe“-Serie mitarbeiten sondern sich stattdessen auf verrückte Storys der Bogenschützen konzentrieren würde, er würde mit großer Wahrscheinlichkeit über dieses Wochenende des SV Bavaria Thulba stolpern.
Nachdem Anfang November die Gaumeisterschaften (Landkreis KG) in der Disziplin Bogen Halle stattfanden, konnte niemand ahnen, was in den folgenden Wochen folgen sollte. Nachdem die unterfränkischen Meisterschaften abgesagt wurden und durch die neuen staatlichen Verordnungen dem Training in der Halle ein Riegel vorgeschoben wurde, schien diese Saison für alle gelaufen. Als plötzlich die Mitteilung kam, dass die bayerische Meisterschaft stattfinden soll und von der Messe Augsburg in das Olympiaschießzentrum Hochbrück (München) verlegt wird, war das Erstaunen groß, so hatten die Bögen doch schon langsam Staub angesetzt.
Durch den Ausfall der Bezirksmeisterschaft und da die Möglichkeit der Qualifikation auf Mannschaftsebene seitens der Verantwortlichen gestrichen wurde, qualifizierten sich in diesem Jahr nur die 6 Schützen, welche bereits beim ersten Wettkampf des Jahres Ihre Bestleistung abrufen konnten.
Mit Fabian Kirchner startete ein Schütze am Samstag im Juniorenbereich in den Kampf um die Medaillen. Nach einem starken vierten Platz in der Vorrunde ging es für ihn ins Finalschießen, bei welchem „Mann gegen Mann“ geschossen wird. Je 3 Pfeile – maximal 30 Ringe. Der Gewinner dieser „Passe“ erhält 2 Punkte, bei einem Unentschieden werden die Punkte 1 zu 1 geteilt und wer zuerst 6 Punkte erreicht, gewinnt das Head-to-Head. Mit einem souveränen 7:1 wurde der Konkurrent im Viertelfinale abgefertigt, um ins Halbfinale einzuziehen. Dort wartete mit Domenic Merkel der alles überragende Nationalkaderschütze dieser Altersklasse, welcher bis dahin eine außergewöhnliche Leistung in der olympischen Luftdruckhalle gezeigt hatte. Zwar konnte Fabian dieses Halbfinale nicht für sich entscheiden, allerdings erkämpfte er ein spannendes 3:7. An diesem Tag sollte es keinem anderen Schützen gelingen Merkel mehr Punkte abzunehmen als Fabian.
So ereignete sich der Showdown um Platz 3 zwischen dem Thulbaer und Alessandro Edelmann, dem nächsten hochdekorierten Kaderschützen. In einem dramatischen und hochklassigen Duell fieberten nicht nur die mitgereisten Eltern, sondern auch viele Vereinsmitglieder via online Livestream, mit und der Jubel kannte keine Grenzen, als Fabian das hart umkämpfte 6:4 erzielte und von den Verantwortlichen zum dritten Platz gratuliert wurde. Als die Bögen bereits abgebaut, erste Glückwünsche verteilt und die Gedanken der Organisatoren auf die Siegerehrung und das noch ausstehende Goldfinale gerichtet wurden, ertönte via Lautsprecherdurchsage die Information, dass aufgrund eines vermeintlichen Rechenfehlers auf einem der Auswertebögen, der korrigierte Zwischenstand 5:5 lauten muss. Es brach Hektik aus, die bereits verstauten Bögen mussten wieder aufgebaut werden und die Schützen per sofort an die Schießlinie gehen. Da den Schützen auch in diesem Ausnahmefall keine Zeit zum Einschießen gegeben wird, galt es nun aus dem Kaltstart heraus einen einzigen Pfeil zu schießen, welcher über Podiumsplatz oder den undankbaren 4. Platz entscheidet. Mit nur 1 Ring musste sich Fabian nun dem unterfränkischen Konkurrenten geschlagen geben und so verblieb nach dieser dramatischen Achterbahnfahrt der Gefühle nur Platz 4. Als dieses Ergebnis offiziell bestätigt wurde, schaltete sich die sportliche Leitung des Schützenvereins ein und telefonierte mit dem Zuständigen in München. Eben jener Landessportleiter, als auch die Schiedsrichter und Trainer des Verbandes, befanden das Ergebnis und sein Zustandekommen als maximal unglücklich und unbefriedigend, weshalb via Kampfgericht entschieden wurde, dass auch Fabian den 3. Platz belegt. Es gibt somit erstmals in der Geschichte der Bayerischen Sportschützen einen geteilten dritten Platz nach einem Finalschießen. „Dies ist die einzig richtige und gleichzeitig schönste Lösung für alle Beteiligten“, fand auch Vereinssportleiter Christopher Meindl.
Ganz ohne nachträgliche Action, aber mit mindestens genauso viel Spannung gestalteten sich die Wettkämpfe am Sonntag. Hier konnte Lea Kippes wie bereits im Vorjahr den 3. Platz ihrer Altersklasse erreichen. Bis zur letzten Passe war es ein Kopf an Kopf-Rennen um die Plätze 2 bis 4. Letztendlich musste sogar die Anzahl der geschossenen Zehner über Platz 2 und Platz 3 entscheiden, da diese beiden Schützinnen die exakt gleiche Ringzahl geschossen hatten. Mit 1 einzigen Zehner weniger als ihre Kontrahentin durfte Lea sich über Platz 3 freuen.
Als nicht weniger beeindruckend muss der 4.Platz von Merlin Hausmeyer eingestuft werden. Merlin, welcher erst vor knapp einem Jahr mit dem Schießen begann, überraschte mit einer bärenstarken persönlichen Bestleistung nicht nur seine Trainerin und mitgereiste Mutter, sondern auch das Teilnehmerfeld. Am Ende fehlten auf das Podest sogar nur 4 Ringe. „Wenn man bedenkt, wie lange Merlin erst schießt, dass durch Corona über einen langen Zeitraum intensives Training unmöglich war und dass es seine erste bayerische Meisterschaft überhaupt ist – ja, da sind seine Freudensprünge absolut berechtigt“, so die stolzen Trainer.
Und natürlich durfte eine Mannschaftsmedaille bei dieser bayerischen Meisterschaft für den SV Bavaria Thulba nicht fehlen. Wie es in den Jahren vorher schon nahezu zur Tradition geworden ist, so konnte auch in diesem Jahr, ein Podiumsplatz erreicht werden. In diesem Jahr darf man Lina Bürger, Alina Huppmann und Tobias Hango in der Jugendklasse zum 2. Platz herzlichst gratulieren.
Summa Summarum konnte jeder Schütze mit mindestens Platz 4 die Heimreise antreten und zogen ein fast durchweg positives Fazit. Ein großes Dankschön ging hierbei an die Trainer Conny Tartler, Christopher Meindl und Thulbas eigene Trainerkoryphäe Marko Friedrich, welche in kürzester Zeit die Schützen meisterschaftstauglich geformt hatten.
Nur eines fehlte allen Beteiligten auch weiterhin. Die Familienmitglieder im Hintergrund. Die Fans. Die vielen Zuschauer. Die jubelnde Menge. Aber diese wird es hoffentlich bald wieder geben, wenn die Fortsetzung dieses Blockbusters geschrieben wird.